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HALT-Test bei Wachendorff Automation

Die Firma Wachendorff unterhält seit einigen Jahren eine eigene HALT-Test-Kammer in ihrem Prüffeld für Umweltsimulation. Die HALT-Tests (Highly Accelerated Life Test) sind zu einem wichtigen Element bei den entwicklungsbegleitenden Prüfungen geworden. In dem folgenden Artikel wird der Prüfprozess anhand eines konkreten Beispiels beschrieben. Da es für den HALT-Test noch keine normierten Festlegungen gibt, führt  Wachendorff seinen Prüfprozess in Anlehnung an die „Qualmark HALT Testing Guidelines“ durch [1].

Ziel bei den entwicklungsbegleitenden Prüfungen

Das Ziel des HALT-Tests ist die Steigerung der Zuverlässigkeit, welches über die Beschleunigung der Alterung in kürzester Zeit erreicht wird.

Ein Produkt enthält auf Grund der Einzelkomponenten unterschiedliche Robustheiten. Über den HALT-Test, wird ermöglicht die erste bzw. weitere Designschwächen eines Produktes zu ermitteln. Die Designschwächen werden über den Grad der Belastung ermittelt. Dieses Prinzip ist am Beispiel einer Kette verdeutlicht.

Der HALT-Test ermöglicht eine schnellere Markteinführung eines noch zuverlässigeren Produktes.

Einordnung des HALT-Tests

Der HALT-Test wird während der Entwicklungsphase durchgeführt. Dabei wird das Produkt weit außerhalb der Spezifikation geprüft, um somit schnellst möglich eventuell auftretende Designschwächen aufzudecken und über ein Redesign langfristig zu eliminieren. Im Gegensatz zum Design Verifikation Testing (DVT) gibt es kein „Bestehen“ oder „nicht Bestehen“, es sollen lediglich Schwächen aufgedeckt und im Nachgang nachhaltig behoben werden. Durch den HALT-Test kann die DVT-Phase in einem Durchlauf abgeschlossen und wesentlich verkürzt werden.

Wird die Zuverlässigkeit über die Ausfallrate λ betrachtet, so bewirkt der HALT-Test eine Verschiebung der Badewannenkurve in der Nutzungsphase nach unten, d.h. die Ausfallrate ist geringer.

Nach dem Arrhenius-Gesetz gilt die Faustformel (für Elektroniken): Eine Temperaturerhöhung um 10 °C bewirkt eine Verdopplung der Ausfallrate.
Auf Grund dessen, wird eine deutlich schnellere Alterung des Prüflings bei der Beaufschlagung mit extremen Temperaturen hervorgerufen.

HALT-Verfahren

Der Prozess des HALT-Tests bei Wachendorff erfolgt nach dem Prinzip des HALT-Verfahrens. Das HALT-Verfahren gliedert sich in vier Teilabschnitte: Pre-HALT, HALT-Testing, Post-HALT und Verification-HALT.

Unter Pre-HALT werden die Vorbereitungen, welche zur Durchführung benötigt werden getroffen (z. B. Definition von Fehlerkriterien, Erstellen von Funktionstests). Das eigentliche Testen wird unter HALT-Testing zusammengefasst. Anschließend wird unter Post-HALT der HALT-Test analysiert und gegebenenfalls ein Redesign vorgenommen. Zuletzt wird das HALT-Testing für das Redesign erneut durchgeführt, um die Ergebnisse zu verifizieren.

AST-Kammer

Wachendorff setzt eine AST-Kammer (Accelerated Stress Testing) des Weltmarktführers Thermotron ein. Da es sich bei den HALT-Tests immer um sehr intensive Prüfungen handelt, die eine laufende Betreuung von erfahrenen Mitarbeitern benötigt, war von Anfang an klar, dass Wachendorff nur erfolgreich mit einer eigenen Kammer die Tests durchführen wird.

  • Temperaturbereich: -100 °C bis 200 °C
  • Temperaturgradient: ≥ 50 K/min
  • Vibration: 6 Achsen: (3 Translationsachsen, 3 Rotationsachsen)

Die Prüfraumluft der AST-Kammer wird über eine elektrische Heizung bis max. 200 °C aufgeheizt. Um schnelle Temperaturwechsel zu ermöglichen, erfolgt die Kühlung über das LN2-System (Zuführung von flüssigem Stickstoff). Die Vibration wird über pneumatische Zylinder, welche von unten an den Prüftisch schlagen erzeugt.

Power Spectrale Density (PSD)

PSD ist die spektrale Beschleunigungsdichte. Sie beschreibt den quadratischen Mittelwert eines Beschleunigungssignals in einem bestimmen Frequenzbereich. Die Einheit ist das Beschleunigungssignal dividiert durch die Bandbreite der Frequenz (m/s2)2/Hz = gRMS2/Hz. In der Abbildung ist das Beschleunigungssignal für einen Prüfling bei 5 gRMS (gRMS = quadratische Mittel eines Beschleunigungssignals) in der AST-Kammer dargestellt.

Testsequenz

Der HALT-Test erfolgt nach einer bewährten Testsequenz [1]. Dabei ist es möglich die thermischen und vibratorischen Grenzen des Prüflings zu ermitteln. Insgesamt erfolgen somit vier Einzelprüfungen:

  • Thermal Step Stress Test
  • Rapid Thermal Transitions Stress Test
  • Vibration Step Stress Test
  • Combined Environment Stress Test

Bei allen Prüfungen erfolgt eine schrittweise Erhöhung des Stresses, dabei wird solange getestet bis Funktionsstörungen bzw. Zerstörungen am Prüfling auftreten, oder bis das Limit der Technologie erreicht ist (z.B. Schmelzpunkt bei Kunststoff).
Während der Tests werden neben der Funktion des Prüflings auch z.B. optische und weitere Parameter intensiv überwacht, um Schwächen zu erkennen und genau zu dokumentieren. Die Funktionsüberwachung bei Wachendorff erfolgt z.B. bei den Absolutwertdrehgebern über die CANopen-Schnittstelle.

Bei Wachendorff werden Funktionstests und Funktionszustände für den entsprechenden Drehgeber definiert. Des Weiteren wird über Vor- und Nachprüfungen der Funktionszustand des Prüflings ermittelt.

Funktions- und Zerstörungrenzen

Bei dem Thermal Step Stress Test wird die obere und untere Temperaturgrenze ermittelt, das so genannte Lower bzw. Upper Operating Limit (LOL und UOL). Bei den Operating Limits treten jeweils Fehler auf, welche nach der Stressreduzierung wieder verschwinden. Des Weiteren werden bei diesem Test die Temperaturgrenzen bestimmt, bei der am Prüfling irreversible Fehler auftreten. Das so genannte Lower bzw. Upper Destruct Limit (LDL und UDL).

Bei dem Vibration Step Stress Test wird das Vibration Operating Limit (VOL) und Vibration Destruct Limit (VDL) ermittelt.

Insgesamt werden somit theoretisch sechs Grenzen bestimmt. Der Fokus ist dabei nicht bei der Frage „Wo“ eine Grenze liegt, sondern „Warum“ eine Grenze dort ist wo sie ist. D.h. aus welchem Grund eine Grenze existiert. Desto höher bzw. niedriger eine Grenze liegt, umso robuster ist der Prüfling später in der Anwendung. Deswegen setzt Wachendorff an dieser Stelle an, um  die Grenzen nach Möglichkeit so weit wie möglich auszudehnen.

HALT Testing

Die Absolutwertdrehgeber werden über eine Testaufnahme in der AST-Kammer montiert. Zusätzlich werden die Prüflinge mit Temperatursensoren und einem Beschleunigungsensor  ausgestattet. Die AST-Kammer wird auf die Temperatur des Prüflings gesteuert. Somit liegt die Umgebungstemperatur etwa um 10 °C höher bzw. niedriger als die Soll-Temperatur des Prüflings.

Bei dem Thermal Step Stress Test wird zunächst die Temperatur Stufenweise verringert und danach erhöht. Nach dem die Soll-Temperatur erreicht ist, bleibt für eine bestimmte Verweildauer die Temperatur konstant. Bei Wachendorff werden hierzu  Tests durchgeführt, um zu ermitteln nach welcher Dauer der Prüfling intern die Soll-Temperatur erreicht hat. Die Temperatur wird erhöht nach dem das LDL bzw. LOL bestimmt ist, um das UDL bzw. UOL zu ermitteln.

Danach wird für den Rapid Thermal Transitions Stress Test innerhalb der ermittelten Operating

Limits (LOL und UOL) ein Temperaturwechseltest für fünf Zyklen durchgeführt. Die Temperaturänderung erfolgt dabei mit mindestens 50 K/min. Bei dem UOL und LOL wird für die entsprechende Zeit verweilt.

Des Weiteren wird bei dem Vibration Step Stress Test die Vibration stufenweise erhöht. Hierbei ist die Vibration für die Verweildauer, bei jeder Soll-Vibration, konstant.

Zuletzt wird der Combined Environment Stress Test durchgeführt. Dabei wird der Prüfling mit dem Temperaturwechseltest aus dem Rapid Thermal Transitions Stress Test für fünf Zyklen beaufschlagt. Zusätzlich erfolgt für jeden Temperaturwechsel-Zyklus eine konstante Vibration. Die Vibrationsstufenerhöhung je Zyklus ergibt sich aus der Teilung des ermittelten VDLs durch fünf.

Zusammenfassung

Für die Absolutwertdrehgeber WDGA wurde das Lower Operating Limit auf -90 °C und das Upper Operating Limit bei 140 °C ermittelt. Das Lower Destruct Limit konnte nicht ermittelt werden, da die Grenze der AST-Kammer von -100 °C erreicht wurde. Das Upper Destruct Limit liegt bei +170 °C und ist durch den Schmelzpunkt der Kunststoffteile bestimmt.

Das Vibration Operating Limit wird bei 45 gRMS ermittelt. Das Vibration Destruct Limit konnte nicht ermittelt werden, da der Wert auch hier die Grenze der AST-Kammer von 50 gRMS überschritten hätte.

Der HALT-Test, ein wichtiger Bestandteil in der Teststrategie bei Wachendorff, bestätigt somit die Robustheit der Absolutwertdrehgeber WDGA und gibt Wachendorff und dem Kunden die Sicherheit, dass das Produkt auch in rauhen Umweltbedingungen äußerst zuverlässig ist.

Literatur

[1] Qualmark Corporation: Qualmark HALT testing guidelines. Test specification, September 2011

HALT Test
Der HALT-Test

entwicklungsbegleitende Prüfungen für höchste Zuverlässigkeit

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